Das Forschungsprojekt „AgriRegio“ unter der Leitung der TU Darmstadt sollte die digitalisierte Datenerfassung und -nutzung in landwirtschaftlichen Betrieben widerstandsfähiger machen und die sicherheitskritische Infrastruktur schützen. Sieben Projektpartner erprobten dazu smarte Sensoren auf Basis standardisierter Open-Source-Technologien in der Landwirtschaft und erweiterten die HofBox aus den GeoBox-Vorgängerprojekten durch die Anbindung an Sensornetzwerke mittels LoRaWAN.
Beim sogenannten Smart Farming werden verschiedenste Sensoren, Geräte und Systeme eines landwirtschaftlichen Betriebs miteinander vernetzt. Dabei werden Daten genutzt, die entweder von amtlichen Stellen abgerufen oder selbst erzeugt werden. Auf diese Weise können beispielsweise Bodeneigenschaften, Landschaftsstrukturen oder Verkehrswege in die Planung einbezogen werden. Smart Farming macht also ein ressourcenschonendes und wirtschaftlicheres Arbeiten möglich. Zudem können die Daten beim überbetrieblichen Logistik- und Bewirtschaftungsmanagement neue Handlungsoptionen zum Boden-, Pflanzen- und Klimaschutz liefern. Dieses „datenlastige“ Arbeiten haben jedoch auch Nachteile, vor allem, wenn zur Datenspeicherung nur wenige oder ein einzelner Anbieter genutzt werden. Ein Ausfall oder gar Angriff auf die dabei eingesetzten digitalen Lösungen könnte dann im Extremfall zu Produktionsausfällen und Versorgungsengpässen führen.
Das im Januar 2022 gestartete Projekt wurde im Juni 2024 nun erfolgreich abgeschlossen. „Wir konnten zeigen dass sich autarke Sensornetzwerke auf Basis der dezentralen HofBox-Technologie aufbauen und in der Praxis nutzen lassen“, so Dr.-Ing. Franz Kuntke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl PEASEC und AgriRegio-Projektkoodinator. Das Konzept der HofBox – ein Mini-Server zur landwirtschaftlichen Datenhaltung direkt im Betrieb – entstand im Vorgängerprojekt GeoBox-II und wurde durch AgriRegio erstmals so weit umgesetzt, dass auch Endanwender mit dem System interagieren können. Besonderer Fokus im Projekt war, dass Landwirt:innen mit dem System möglichst kostengünstig professionelle LoRaWAN-Sensoren in Betrieb nehmen können. Weiterhin wurde im Projekt an Möglichkeiten geforscht, die entstehenden LoRaWAN-Sensornetzwerke als Medium für den Nachrichtenaustausch in Krisensituationen zu nutzen. Dies erlaubt den Nachrichtenaustausch in Nachbarschaften auch dann, wenn Internetverbindungen nicht mehr funktionieren, z.B. im Fall von Naturkatastrophen mit Schäden an der Infrastruktur.
Koordiniert wurde das Verbundprojekt „AgriRegio – Infrastruktur zur Förderung von digitaler Resilienz und Klimaresilienz im ländlichen Raum am Beispiel der Pilotregion Nahe-Donnersberg“ vom Fachgebiet Wissenschaft und Technik für Frieden und Sicherheit (PEASEC) am Fachbereich Informatik der Technischen Universität Darmstadt. Weitere Partner sind IBM Deutschland GmbH, expeer GmbH, RLP AgroScience, der Maschinen- und Betriebshilfsring Rheinhessen-Nahe-Donnersberg e.V., die Kreisverwaltungen Donnersbergkreis und Bad Kreuznach Kreuznach sowie das Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück.
Das Projekt AgriRegio wurde mit Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank im Programm „Forschung für Innovationen in der Agrarwirtschaft“ gefördert.
Insgesamt gab es über die Projektlaufzeit 18 Veröffentlichungen, dazu zählen:
- Franz Kuntke, Christian Reuter (2024). Resilienz in der digitalisierten Landwirtschaft: Abhängigkeiten deutscher landwirtschaftlicher Betriebe von Kommunikations- und Energieinfrastruktur im Katastrophenschutz. EmergenCITY Policy Paper Series, No. 5. Download PDF
- Franz Kuntke, Lars Baumgärtner, Christian Reuter (2023). Rural Communication in Outage Scenarios: Disruption-Tolerant Networking via LoRaWAN Setups. Proceedings of Information Systems for Crisis Response and Management (ISCRAM). Download PDF
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Franz Kuntke, Marc-André Kaufhold, Sebastian Linsner, Christian Reuter (2023). GeoBox: Design and Evaluation of a Tool for Resilient and Decentralized Data Management in Agriculture. Behaviour & Information Technology (BIT). Download PDF
- Franz Kuntke, Sebastian Linsner, Enno Steinbrink, Jonas Franken, Christian Reuter (2022). Resilience in Agriculture: Communication and Energy Infrastructure Dependencies of German Farmers. International Journal of Disaster Risk Science (IJDRS). Download PDF
Weiterhin wurden öffentlich zugängliche Artefakte erstellt, dazu zählen:
- LoRaWAN-DTN (GitHub) ist das Software-Backend, bestehend aus mehereren Komponenten, um ein Chirpstack-basiertes LoRaWAN Netzwerk mit einem DTN-basierten Nachrichtenaustausch zu versehen.
- LoRaWAN-DTN-Messenger (GitHub) ist das Frontend in Form einer Messenger-Multi-Plattform App, die im lokalen Netzwerk mit dem Backend kommuniziert, um einen Notfall-Nachrichtenaustausch zu ermöglichen.
- distance-statistics (GitHub) ist eine Skriptsammlung in Form eines Jupyter-Notebooks für die Ermittlung geografischer Distanzen zwischen landwirtschaftlichen Betrieben innerhalb von Deutschland, inklusive der Cluster-Analyse und Generierung von entsprechenden Statistiken und grafischen Auswertungen.
- hofbox service devmachine (GitHub) ist eine Entwicklungsumgebung für OpenHorizon, auf das der HofBox-Ansatz setzt. Dieses Repository enthält die notwendigen Dateien um mittels Vagrant eine virtuelle Maschine zu erstellen und dabei die OpenHorizon-Entwicklungstools aufzusetzen. Weiterhin dient die umfassende README der Dokumentation von OpenHorizon-Tools und deren Parametern, die sich gerade im HofBox-Alltag als wichtig herausgestellt haben.
- podtender (GitHub) ist eine Rust-Bibliothek (crate) für die Nutzung von Podman. Diese Bibliothek entstand während der Erarbeitung eines HofBox-Ansatzes, der später nicht weiter verfolgt wurde. Diese Bibliothek an sich kann aber für weitere Zwecke sinnvollen Einsatz finden und wurde deshalb veröffentlicht.
Weitere Details finden sich unter www.agriregio.peasec.de