IANUS steht für naturwissenschaftlich-technische Friedens- und Konfliktforschung an der Technischen Universität Darmstadt; oftmals interdisziplinär unter Einbeziehung der Sozial- und Geisteswissenschaften. Der IANUS-Preis würdigt herausragende Qualifikationsarbeiten aus allen Fachrichtungen der TU Darmstadt. Eingereicht werden konnten bis zum 31. Juli 2025 Qualifikationsarbeiten (insbesondere Studien-, Projekt-, Bachelor-, Masterarbeiten, Publikationen oder Dissertationen), die in den vergangenen zwei Jahren abgeschlossen wurden und sich mit IANUS-relevanten Fragestellungen beschäftigen.

Zahlreiche sehr gute Einreichungen aus verschiedenen Fachbereichen und -gebieten der TU Darmstadt kamen in die Endauswahl für den IANUS-Preis 2025. Bei sämtlichen eingereichten Arbeiten wurde die Qualität sowie der Bezug zur IANUS-Ausschreibung von allen Mitgliedern der Auswahlkommission bewertet: Prof. Dr. Markus Lederer (Internationale Politik), Prof. Dr. Malte Göttsche (Naturwissenschaftliche Friedensforschung), Prof. em. Dr. Alfred Nordmann (Philosophie der Technowissenschaften) und Prof. Dr. Dr. Christian Reuter (Wissenschaft und Technik für Frieden und Sicherheit). Bei Befangenheit wirkte das jeweilige Mitglied nicht mit. Nach Auswahl preiswürdiger Arbeiten wurde nach detaillierter Betrachtung eine Einschätzung vorgenommen.

Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen des akademischen Viertels am Mi. 26. November 2025 um 17 Uhr (https://peasec.de/event/verleihung-ianus-preis-2025/).

Die Jury kam zu dem Entschluss, dieses Jahr vier Arbeiten mit dem IANUS-Preis 2025 auszuzeichnen: Dr. Johanna Berger, Dr. Tom Biselli, Anna-Maria Kugler, M.Sc. und Dr. Lukas Struppek:

  • Dr. rer. nat. Johanna Berger für ihre Dissertation im Fachbereich Biologie mit dem Titel „In the eyes of biodiversity loss: Disentangling mowing impacts on grassland arthropods and finding applied solutions“, betreut von Prof. Dr. Nico Blüthgen und Apl. Prof. Dr. Michael Heethoff. Im Rahmen des fortschreitenden Biodiversitätsverlusts durch intensive Landnutzung untersucht die Dissertation, wie das Mähen von Grünland die Vielfalt von Insekten und Spinnen beeinflusst und welche praxisnahen Maßnahmen den Verlust abmildern können. Anhand großer ökologischer und experimenteller Datensätze belegt Johanna Berger die negativen Auswirkungen auf Insekten und Spinnen durch das Mähen, den Einfluss verschiedener Mähtechniken sowie den positiven Effekt ungemähter Bereiche, sogenannter Refugien. Mit einem inter- und transdisziplinären Ansatz werden anwendungsorientiert Synergien für Mensch und Umwelt in der Praxis gesucht. Ein Beispiel ist das Online-Webtool „Insektentaschenrechner“, mit dem jede*r die Auswirkungen der Mahd auf Arthropoden auf verschiedenen Flächen selbst berechnen kann. Die Arbeit beleuchtet nicht nur die ökologischen Folgen der Mahd, sondern auch, wie Umweltbildung, Dialog mit der Praxis und Wissenschaftskommunikation zur Eindämmung der Biodiversitätskrise beitragen können.

  • Dr. rer. nat. Tom Biselli für seine Dissertation im Fachbereich Informatik mit dem Titel „Individual Information Sovereignty: User Perspectives and Digital Interventions for Navigating Privacy and Misinformation“, betreut von Prof. Dr. Dr. Christian Reuter, mit dem Korreferenten Prof. Dr. André Calero Valdez. Die Dissertation befasst sich mit der Frage, wie Individuen in zunehmend undurchsichtigen digitalen Umgebungen im Umgang mit digitalen Informationsflüssen unterstützt werden können. Im Fokus stehen dabei zwei Richtungen: (1) die Preisgabe sensibler Daten im Kontext der Privatsphäre und (2) der Konsum von Informationen, insbesondere von Fehlinformationen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, entwickelt die Dissertation das Konzept der Informationssouveränität, verstanden als Autonomie, Kontrolle und Kompetenz im Umgang mit digitalen Informationsflüssen. Mit qualitativen und quantitativen Methoden werden konzeptionelle Einsichten, Nutzerperspektiven und digitale Interventionen untersucht. Die Ergebnisse verdeutlichen die Heterogenität von Nutzerperspektiven und das Potenzial transparenter, personalisierter Interventionen in Bereichen wie Browser-Cookies sowie text-, video- und diagrammbasierter Fehlinformationen. Insgesamt bietet die Dissertation damit eine nutzerzentrierte Perspektive aus der Mensch-Computer-Interaktion darauf, wie eine informierte und selbstbestimmte Navigation digitaler Informationsflüsse ermöglicht werden kann.

  • Anna-Maria Kugler, M.Sc. für ihre Masterarbeit im Fach Cognitive Science mit dem Titel „Strategies for Maintaining Human Control in AI-Enabled and Autonomous Systems: A Systematic Literature Review“, betreut von Dr. Thea Riebe. Die Thesis befasst sich mit der Frage, wie menschliche Kontrolle über KI-basierte und autonome Systeme gewährleistet werden kann. Innerhalb einer umfassenden systematischen Literaturanalyse werden Strategien menschlicher Kontrolle und Aufsicht in verschiedenen Anwendungsbereichen erfasst. Darauf aufbauend entwickelt die Arbeit eine Taxonomie, die diese Strategien entlang mehrerer Dimensionen einordnet, wie dem Grad menschlicher Beteiligung, der Anwendungsdomäne, den Auslösefaktoren sowie der Interaktionsstrategie. Die Analyse zeigt, dass in verschiedenen Domänen unterschiedliche Interaktionsansätze zu umfassenden Kontrollstrategien kombiniert werden, was domänenspezifische Anforderungen widerspiegelt. Zudem wird verdeutlicht, dass Kontrolle kein einseitiger Prozess ist, sondern sowohl das System als auch NutzerInnen aktiv dazu beitragen. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass das Design nutzerzentrierter KI-Systeme darauf abzielen sollten, menschliche Autonomie zu fördern und Menschen bei der Ausübung effektiver Kontrolle zu unterstützen

  • Dr. rer. nat. Lukas Struppek für seine Dissertation im Fachbereich Informatik mit dem Titel „Understanding and Mitigating Security, Privacy, and Ethical Risks in Generative Artificial Intelligence“, betreut von Prof. Dr. Kristian Kersting, mit dem Korreferenten Prof. Dr. Daniel Neider. Die vorliegende Dissertation untersucht neuartige Risiken, die mit der Entwicklung und dem Einsatz generativer KI-Systeme verbunden sind. Dabei werden zwei zentrale Perspektiven eingenommen: Zum einen wird analysiert, wie generative Modelle als Werkzeuge missbraucht werden können, um klassische Machine-Learning-Systeme, etwa Gesichtserkennungstechnologien, anzugreifen und sensible Informationen aus den Trainingsdaten zu rekonstruieren, beispielsweise das Aussehen einzelner Personen. Zum anderen wird betrachtet, inwiefern generative KI-Systeme selbst zum Ziel von Angriffen und Manipulationen werden können. Im Fokus stehen hierbei spezifische Schwachstellen von Diffusionsmodellen, darunter die unbeabsichtigte Memorierung von Trainingsdaten, gezielte Modellverzerrungen durch Unicode-Manipulationen sowie das Einschleusen versteckter Backdoor-Funktionalitäten. Neben der systematischen Analyse solcher Angriffsvektoren präsentiert die Arbeit verschiedene technische Lösungsansätze, die dazu beitragen, Machine-Learning-Modelle widerstandsfähiger gegenüber Angriffen und Manipulationen zu machen.

Die ausgezeichneten Arbeiten des IANUS-Preises 2025 zeigen eindrucksvoll die Vielfalt der IANUS-Forschung an der TU Darmstadt – von ökologischen Fragestellungen über digitale Informationssouveränität bis hin zu ethischen und sicherheitsrelevanten Aspekten künstlicher Intelligenz. Sie verdeutlichen, wie inter- und transdisziplinäre Ansätze innovative Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen ermöglichen und den Brückenschlag zwischen Wissenschaft, Praxis und Verantwortung meistern. Damit unterstreicht der IANUS-Preis erneut die zentrale Rolle naturwissenschaftlicher Beiträge für Frieden und Sicherheit.

IANUS-Preise 2025: Vier Arbeiten zu Biodiversität, Informations-Souveränität, KI-Ethik sowie Kontrolle autonomer Systeme ausgezeichnet